Wie Nese und ich uns kennengelernt haben!

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Es war am 19. September 2004, als ich all meine Kraft zusammennahm und Nese das erste Mal anrief. Sie war gerade unterwegs im Dolmus (einem günstigen und gängigen Istanbuler Kleinbus, dass auf seiner Strecke beinahe an jeder Ecke anhält) und war erst verwirrt als Sie erfuhr wer ich bin. Einige Wochen zuvor hatte die Frau meines Onkels, welche die Cousine von Nese ist, mir den Tipp gegeben, dass Nese und ich doch ein wunderbares Paar abgeben würden. Nese wurde zwar vorgewarnt, weil es aber schon einige Wochen her war und sie sich da eigentlich keine Hoffnungen gemacht hatte, verwirrte sie nun ein Anruf aus Deutschland von einem wildfremden Mann. Sie musste jetzt erst einmal auf die Reihe kriegen, dass dieser Anrufer einen Grund für seinen Anruf hatte. Einen Grund, der ihr gesamtes Leben auf den Kopf stellen würde. Also bat sie mich erst einmal aufzulegen und es später nochmal zu versuchen. Ich wartete dreißig Minuten und versuchte es nochmal. Sie ging ran und wir kamen ins Gespräch. Zehn Tage vergingen mit Telefonaten und wir merkten schnell, dass wir viele Gemeinsamkeiten hatten. Das mit den Telefonaten ging solange gut bis es meiner Mutter auffiel. Sie meinte, dass diese Telefonate sehr kostenaufwändig seien könnten und ich besser Geld für ein Flugticket opfern sollte, statt für Telefonkosten. Gerade als mir bewusst wurde, was meine Mutter meinte, war sie schon einen Schritt weiter. Sie saß im Wohnzimmer und telefonierte mit dem Vater von Nese. Zwar sind Neses Eltern, genau wie wir, ansässig in Istanbul, aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert es von unserem Statdteil bis in das von Nese rund 3,5 Stunden nur ein Weg. Dazu musste eine Lösung her.

Diese hatte dann auch wieder meine Mutter. Sie fragte zwar über Umwege, aber unmissverständlich, ob es nicht möglich wäre, wenn ich bei meinen möglichen, zukünftigen Schwiegereltern wohnen dürfte. Dieser sagte zugleich bereitwillig zu, weil er nur Gutes über mich und meine Familie erfahren hatte. Kaum war das Telefonat beendet und alles mit der Bleibe geklärt kam es zum Flugticket reservieren. Wir hatten bloß noch 15 Minuten, doch schafften wir auch diese Hürde zu überwinden. Den ganzen Abend über wurde nervös der Koffer gepackt und alle Geschenke mussten noch vor Ladenschluss besorgt werden. Achso, nicht dass ich noch vergesse zu schreiben, dass Nese natürlich von nichts Bescheid wusste. Ich würde Sie bei Ankunft anrufen und sie bitten mich abzuholen. Am nächsten Morgen, es war der 1. Oktober 2004 und kurz vor 9 Uhr, da ging es dann los. Mein Vater war auch unter den nicht Eingeweihten, trotzdem wollte ich mich noch persönlich von ihm verabschieden. Es war eine Flugreise und wer weiss was alles hätte passieren können während des Flugs! Aber das verdutzte Gesicht meines Vaters werde ich natürlich mein Lebenlang nicht vergessen. Auf die Frage, wohin es denn geht, gab es bloß die Antwort:“ Frag bitte später Mama!“ Dann gings zum Flughafen FMO. Aufgrund von Verspätungen und der einstündigen Zeitverschiebung kam ich erst gegen 17:30 Uhr am Istanbuler Flughafen an.

Wer auf das erste Treffen neugierig ist soll auf den folgenden Seiten weiterlesen.

Wie es weiter ging!

Wo waren wir geblieben? Ja klar, die Ankunft am Flughafen Atatürk in Istanbul. Nun ja, das erste was ich am Flughafen gemacht habe, waren die Anrufe zu meinen Eltern, den Eltern von Nese und der Anruf zu Nese selbst. Ich erzählte ihr, dass ich in Istanbul bin und auf dem Weg zu ihr. Sie wirkte am Telefon sehr verwirrt und legte hastig wieder auf. Mit dem Taxi ging es auf den Weg zum Istanbuler Stadtteil Ümraniye. Dort angekommen kaufte ich einen Strauß roter Rosen und wartete, wie zuvor telefonisch mit Nese abgesprochen, samt meiner Koffer vor der Polizeiwache auf sie. So gegen 20 Uhr, nach elf Stunden Reisezeit – es war die Dämmerung schon hereingebrochen – kam Nese mit Ihrer besten Freundin in hochhackigen schwarzen Schuhen, den Bürgersteig gegenüber der Polizeiwache entlang, zu mir rüber stolziert. Das hat sie in Zusammenarbeit mit ihrer besten Freundin eingeübt, dachte ich mir nur. Sie war bekleidet mit einem schwarzen Hosenanzug und einem weißen Hemd. Ihre Haare waren schulterlang und zu einem Zopf gebunden. Sie war merklich nervös. Ich fragte sie was sie geplant hat. Sie sagte, dass sie gerne in Gegenwart ihrer Freundin mit mir zusammen etwas trinken gehen wolle. Der ausgesuchte Ort war sehr romantisch. Auf dem Camlica Hügel in einem Yörük Cadir, einem nachgeahmten Nomadenzelt mit traditioneller türkischer Livemusik. Nese und ihre Freundin aßen Gözleme, wir tranken türkischen Tee und sprachen über alltägliche Dinge. Nese war eine weltoffene, emanzipierte junge Frau, die mit beiden Füßen fest auf dem Boden stand. Das gefiel mir sehr an ihr, genau wie ihr süßes verschämtes Lächeln. Kurz nach 23 Uhr war es dann soweit, wir zahlten und machten uns auf den Weg zum Elternhaus von Nese. Meine Schwiegereltern waren ja schon eingeweiht. Inzwischen war ich auch schon so nervös, dass ich keinen Hunger verspürte, obwohl ich den ganzen Tag nichts gegessen hatte, dennoch kam ich der Einladung der Eltern nach, etwas zu Abend zu essen. Nach und nach gesellten sich die drei Brüder zum Abendessen. Halil, Ibrahim und Ali, wobei Ibrahim der einzige verheiratete Bruder war und deshalb nicht lange Kontakt zu mir hatte. Nach einem unterhaltsamen Essen bin ich mit Halil ins Gespräch gekommen, während er im hinteren Schlafzimmer rauchen wollte. Wir haben über Deutschland gesprochen, über die Beziehung zu der gemeinsamen Verwandten, die mir Nese empfohlen hat, wie ich auf die Idee komme genau dort Urlaub zu machen und was ich beruflich so mache. Dazu muss ich sagen, ich dachte den Grund meines Besuches kennt jeder aus der Familie, das war dem aber anscheinend nicht so. Wir gingen anschließend schlafen und Nese hat natürlich traditionell im Wohnzimmer bei ihren Brüdern geschlafen, wobei ich ganz allein im riesigen hinteren Schlafzimmer untergebracht war, wo normalerweise die Mädchen schlafen.

 

Der nächste Morgen sollte mein gesamtes Leben umkrempeln.